South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe Review

South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe Review

nicht zu feucht & nicht zu trocken

Fantasy und Ritterschlachten sind Schnee von gestern. Beziehungsweise 2014. Superhelden sind der heiße Scheiß und dominieren nicht nur das Kino und Netflix, sondern finden nun auch im virtuellen South Park eine Heimat.
In Die rektakuläre Zerreißprobe machen Ritter, Magier und Fürze Helden, Schurken und noch mehr Fürzen Platz. Allerdings bringt der Genrewechsel genau die Probleme für das Spiel mit sich, die South Park eigentlich parodieren wollte.

Immer noch neu

Der Stab der Wahrheit krönte mich zum König – in Die rektakuläre Zerreißprobe interessiert das niemanden mehr. Für den Freundeskreis aus Kyle, Stan, Cartman und Co. bleibe ich immer noch der Neue, vor allem da das Superhelden-Kostüm alles auf Anfang setzt. Wie es sich für einen Reboot eben gehört.
http://ecut.it/upvg9I
Mystische Artefakte wie ein Fidget Spinner verleihen noch nie zuvor da gewesene Kräfte.

The Fractured But Whole hat sich ein Beispiel an Captain America: Civil War, Batman v Superman oder so ziemlich jeden Superhelden-Film genommen, der existiert. In South Park herrscht Krieg, zumindest auf Spielplätzen, dem Schulhof oder der offenen Straße – und sofern kein Auto kommt.
Cartmans Coon and Friends und Timmys Freedom Pals wollen beide ihre eigenen Franchises etablieren, verzichten aber auf eine friedliche Koexistenz, wie es bei Marvel und DC tatsächlich der Falls ist.
Inmitten dieses Konflikts stehe ich als der Neue, der diesen Streit mit Urin befüllten Luftballons oder Darmwinden ins Gesicht der Gegner austrägt. So stilsicher, wie wir es von South Park eben gewohnt sind.
http://ecut.it/upvg9I
Je dunkler eure Hautfarbe, desto weniger Geld verdient ihr.

Sequel, Prequel, Reboot oder Remake?

Wem bei den unzähligen DC- und Marvel-Postern, die im gefühlten Zwei-Monats-Takt ausgetauscht werden, schon ein Äderchen platzt, sollte mit The Fractured But Whole im Bereich Humor auf seine Kosten kommen.
Egal ob unnötig theatralische Origin Storys, unsinnige TV- und Kino-Reboots, oder dass das Sich-im-Kreis-Drehen-um-das-Kostüm-zu-wechseln "total dämlich" aussieht: Matt Stone und Trey Parker haben mit ihrem Spiel mal wieder ein Händchen für Franchise-Parodien bewiesen.
Allerdings hat sich hat sich South Park für meinen Geschmack vielleicht zu stark an seinem eigentlichen Sündenbock orientiert: Die rektakuläre Zerreißprobe imitiert Superhelden-Filme, um zu parodieren, macht es aber selbst nicht wirklich besser.
Ein bisschen Schach: Die Kämpfe wurden konsequent weitergedacht.

Überraschend überraschungs-arm

Für South Park-Verhältnisse ist das neue Spiel erschreckend überraschungsbefreit und erinnert eher an eine der "ruhigeren" TV-Episoden. Im Endeffekt lässt sich Die rektakuläre Zerreißprobe mit der Story-Struktur vergleichen, um die ein jeder Origin Story-Film von Marvel nicht herumkommt.
Auf die tragische Hintergrundgeschichte folgt die Unterweisung durch eine größere Macht, dann der vermeintliche Seitenwechsel, ein Verrat durch einen alten Vertrauten, der Höhepunkt gegen ein gigantisches Ungeheuer und natürlich das Hintertürchen, das Platz für eine Fortsetzung lässt.
Klar: South Park möchte aufzeigen, wie austauschbar und belanglos ein Löwenanteil des Superhelden-Kinos ausfällt – und das ist nichts wirklich Neues. Wenn dann die Geschichte des eigenen Spiels vergleichbar austauschbar und belanglos wirkt, kommt jedoch die berechtigte Frage auf, ob man es nicht besser, aber vor allem cleverer hätte machen können.
Besonders schade ist, dass sich skurrile Highlights wie in Der Stab der Wahrheit eher bedeckt oder berechenbar halten: Was hinter dem Rassismus der Polizei steckt, hätte auch aus der achten Folge der sechsten Staffel mit der katholischen Spinnenkönigin stammen können.
Mitternächtliche Entführungen von Außerirdischen oder Unterhosen-Wichtel oder den regelmäßigen Besuch in Abtreibungskliniken vermisste ich beispielsweise schmerzlich – und ich hätte nie gedacht, diesen Satz tatsächlich mal zu schreiben.
Immerhin bietet Mr. Adams stets einen Rückzugsort für euch.

Schweizer Armee-Held

Um sich mit den vielen Obdachlosen, Kellnerinnen, Polizisten oder betrunkenen Eltern zu prügeln, muss sich der Neue erstmal die entsprechenden Fähigkeiten zulegen. Dabei wurde das Kampf- und Levelsystem, das man aus Stab der Wahrheit kennt, etwas umgekrempelt.
Zu Beginn muss der Neue noch auf das Fähigkeiten-Set eines einzelnen Superhelden zurückgreifen, später dürfen wir uns einzelne Angriffe aus mehreren Kategorien zusammenbasteln. Das macht den Neuen zum Schweizer Armeemesser der South Park-Kids und lässt eine Menge Freiraum zum Herumexperimentieren.
Bis auf die taktische Positionierung und den richtigen Einsatz der Fähigkeiten macht sich jedoch schnell Monotonie in South Park breit: Angriffe funktionieren mit der immergleichen Fingerübung und auf jeden Fall witzigen Animation, die ihren Charme jedoch spätestens bei der fünften Wiederholung einbüßt.
http://ecut.it/upvg9I
Vielen – und damit meine ich verdammt vielen – Leuten wird im Verlauf des Spiels mehr als nur einmal ins Gesicht gefurzt.

Zeit ist ein Kreis

Unter dem Problem der Wiederholung leidet South Park allgemein: Viel zu oft trottet der Neue durch die Straßen nach South Park, um irgendwo irgendwen zu treffen.
Durch das Schnellreisesystem oder den verteilten Rätseln und Sammelgegenständen lässt sich nur zwischenzeitlich kaschieren, wie sehr Die rektakuläre Zerreisprobe in der offenen Spielwelt die Luft ausgeht.
Vor allem die kurzen, aber verdammt häufigen Ladezeiten treiben schnell noch mehr Falten auf die gerümpfte Nase, wenn bei wirklich jedem Betreten eines Hauses oder anderen Straßenseite der Bildschirm schwarz werden muss. Regelmäßige Einbrüche der Framerate helfen dabei auch nicht wirklich weiter. Der vorlagengetreue und deswegen minimalistische Look des South Park-Spiels sollte so viel Ladezeit und Stotterer doch gar nicht beanspruchen dürfen.
http://ecut.it/upvg9I
Schlussgedanken
South Park ist witzig wie eh und je – allerdings nicht mehr ganz so kreativ, wie man es aus den besten Zeiten der TV-Serie kennt. Irgendwie hatte ich bei Die rektakuläre Zerreißprobe stets das Gefühl, dass Matt Stone und Trey Parker ihr Pulver in Bezug auf Story und Satire vielleicht schon beim ersten Spiel verschossen hatten. Doch wo mich die Story nicht 100%ig überzeugt, hätte das Spiel durch eine Verbesserung der Technik punkten können. Die scheint sich seit Der Stab der Wahrheit allerdings kaum bis gar nicht weiterentwickelt zu haben. Immerhin wurde dafür beim Kampf- und Klassen-System weitergedacht – auch wenn dem ganzen Spiel etwas mehr Abwechslung gut getan hätte. Eben wie den Superhelden-Filmen, die South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe so sehr auf die Schippe nimmt.

 

 

Previous
Next Post »